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Der glückliche Tod


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kommentar:In einer besseren Welt sollte jeder Mensch des morgens als erstes ein Buch zu Hand nehmen; bei hellem Sonnenlicht würde der Leser im Bette bleiben und sich das Buch mit dem roten Umschlag zur Hand nehmen, aufschlagen und von der Weite, die auf dem Cover dargestellt ist, eingelullt, sich selbst vergessen.
Ein wunderbares Buch des philosophischen Schreibers und schreibenden Philosophen Albert Camus, ein Buch, das "den Sinn gibt", wie es auf der Rüchkseite heißt. Klar, dass da philosophische Auseinandersetzungen, Fragen und versteckte Antworten nicht fern bleiben. Und trotzdem ist diese Geschichte von einer Leichtigkeit beseelt, die, von der Hauptperson, Patrice Mersault und der Landschaft, in der er sich bewegt, auf den Zuschauer, den Lesenden, überträgt, der bewusst träumt, besonders im zweiten teil des Buches, der "bewusste Tod" genannt, in der in der Tat alles bewusst wird, der Leser wird von der surreal anmutenden Landschaft mitgerissen und schwebt fortan wie auf einer in Algerien, dem zweiten Ort der Geschichte, dort nicht-existenten Wolke über den Geschehnissen. Warmer Sommermorgen eben. Lethargie, gepaart mit Einsamkeit, Freude am Leben und die daraus resultierende Gelassenheit dem Tod gegenüber, der ein Teil des Lebens ist (wie auch anders?).
Dennoch sind Mersaults Erlebnisse (Zugreisen durch Europa, Sommerhausfaulenzen mit drei Frauen, die allesamt nicht von dieser Welt scheinen, da so lebensfroh-ehrlich-unvoreingenommen) nur ein weiterer Schritt auf der Suche nach sich selbst. Die Gelassenheit, die er ausstrahlt, ist, vor allem im ersten teil, dem "natürlichen Tod" nur vordergründig bestimmt. In ihm sucht das Ich nach lebensbejahenden und verneinenden Antworten. Patrice Mersault ist ein merkwürdig depressiver, reflektierender, vielleicht sogar misanthropischer Charakter, dem nicht viele Dinge Halt geben. Einen an den Rollstuhl gefesselten Freund, Zagreus, hat er. Diesen bringt er am Anfang der Geschichte um. Aus meiner Sicht nicht unbedingt ein Mord, sondern eher eine aktive Sterbehilfe, entwickelt sich diese Tat als ein wegweisendes Motiv seines weiteren Lebens, der Tod schwingt auf jeder Seite des Buches mit. Dieses Paradoxon, das Todesmotiv mit der Leichtigkeit des Seins in der algerische Heimat des Autors, in die es Mersault verschlägt, verrät schon der Titel und hat mich dazu angehalten, viel mehr über das Leben als Sinn und Kunst an sich nachzudenken. Es ist dieses mediterrane Klima, diese Sonne, die man förmlich beim Lesen spüren kann, und die gegenüber des ersten Teils, im nassen Frankreich, heraussticht, die offene Fragen und für mich nicht verstandene Sätze oder Passagen glättet wie das Meer schroffe Steine. Es müssen nicht immer Erzählungen sein, solch farbenreiche, atmosphärische Prosa, wie die Camus, deren Sinn oder Funktion sich möglicherweise erst beim zweiten oder dritten Lesen erschließen lässt, gibt in dicht erzählten Bildern, Landschaften, Schicksalen und Gedankengängen, die der Autor als Personalerzähler entwirft, Aufschluss über das Schöne, Sinnlose, Tragische und Bewusste im Leben.
Seltsam klar im nachhinein, ist mir diese vom Autor mehrfach ge-und veränderte Geschichte seltsam unklar, hinterlässt seltsame Empfindungen, jedoch in jedem Fall ein befriedigendes Gefühl, gerade weil man sich im Verlaufe des Buches selbst ein eigenes Bild der Schonungslosigkeit, verwaschenen Klarheit und seines eigenen Umgangs mit Leben und Tod machen muss. Also nicht nur für Morgen.