interview

interviewer:
marion godau
2004-03-02





Stephanie Buller
wie wuerdest du jemand anderem deinen job erklaeren?
Das ist zweigeteilt. Geld verdiene ich im Familienbetrieb. Wir haben ein Kamin- und Ofengeschäft, „Buller Ofen“. Von Energieberatung, Heizungssysteme, Solaranlagen, Öfen, Kamine bis hin zur Wärme von Rotlichtkabinen reicht unsere Palette. Ich bin für die Gestaltung der Öfen zuständig. Das habe ich aber nicht im Studium, sondern von unserem Meister gelernt. Die Kunden wissen genau, was sie wollen. Man muss den Auftrag meistens nur umsetzen.?Vor etwa vier Jahren habe ich mir ein eigenes Standbein aufgebaut. Ich arbeite mit Papier: Papiermaché wird von mir selbst gestaltet und dekoriert. Das sind alles Unikate. Ich arbeite mit einem Team von 10 Frauen zusammen, die aus verschiedenen Bereichen wie Mode, Malerei u.v.m. kommen. Die wenigsten haben Design studiert. Zweimal im Jahr organisieren wir gemeinsam ein Lifestyle-Kaufhaus unter dem Namen „Schöner kaufen“ in Hamburg.

welche arbeiten oder auch ereignisse waren besonders wichtig fuer dich?
Das ist gar nicht so einfach zu sagen. Ich hab das Studium nicht so gradlinig durchgezogen. Bei Roricht habe ich eigentlich nur angefangen. Während des Sudiums hatten wir mindestens ein Streiksemester und ich habe mein erstes Kind bekommen. Da gab es also schnell andere Prioritäten in meinem Leben. Ich war sehr stolz auf mich, dass ich den Abschluß überhaupt noch hingekriegt habe. ?Der größte Schritt für mich war, wieder mit der Formgestaltung zu beginnen. Dabei ist die Planung und Organisation einer Familie auch eine Form von Gestaltung. ?Aus dem Studium kam ich nicht gerade mit dem Selbstbewußtsein das ich mein Fach beherrsche. Also habe ich mich auf das besonnen, was mir am meisten Freude bereitet: verspielt und kreativ zu arbeiten mit den Mitteln die ich selbst beherrschen kann.?Es hat mich anfangs viel Mut gekostet, mit meinen ?Papierprodukten an die Öffentlichkeit zu gehen. Von Hand produzierte Dinge wie ich sie jetzt mache, waren ?an der Uni sowieso verpönt. Gleichwohl gibt aber ?einen Markt dafür.

mit wem bist du so in verbindung oder mit wem arbeitest du zusammen?
Es gibt noch privaten Kontakt zu Susanne Noé, Angela Kotzurek und Martin Rossmann.

triffst du noch ehemalige id4ler oder arbeitest du mit ihnen zusammen?
Nein. Ich höre nur manchmal aus der Zeitung von einigen, etwa von Hermann Weizenegger und Werner Aisslinger.

woran oder wo wuerdest du gerne arbeiten? was wuerde dich reizen?
Ich würde gerne anderen beibringen, wie man aus ?gedrucktem Schwachsinn schöne Objekte macht. Ich hätte auch Spaß an ?internationaler Zusammenarbeit. Ich schätze es, wenn man ein Medium ?beherrscht und von da aus Verknüpfungen macht. Ich arbeite etwa zur Zeit ?mit der Textildesignerin Orike Muth zusammen.?Dann träume ich weiterhin von einem Papier-Delikatessengeschäft, wo man in Farbe- und Form schwelgen kann.?Und für Schloss Ludwigslust würde ich gerne Projekte entwickeln. Schloss Ludwigslust hat eine große Papiergeschichte. Altar, Stuck, Säulen und vieles mehr sind aus Papiermaché. Früher war Papiermaché eine hohe Kunstfertigkeit, das könnte man sicher noch besser präsentieren.

wer oder was inspiriert dich/bewunderst du im moment? wer oder was bringt dich auf ideen und turnt dich an?
Das wichtigste ist das Material. Zweitens die Kinder, die mir einen lockeren, verspielten und naiven Zugang ermöglicht haben. Es muss nicht ?immer streng geradlinig sein! Dann inspirieren mich noch Fotografie, Musik und Literatur. Außerdem ist London eine große Inspiration.

was faellt dir als erstes ein, wenn du an dein studium im id4 denkst?
Holger in der Bibliothek als Retter in der Not. Der war immer da, hatte ?immer ein paar aufmunternde Worte, Ideen und die richtigen Bücher.

was hat dir für die praxis am meisten gebracht?
Das wichtigste war der Austausch mit den Kommilitonen. Von ihnen habe ich mehr gelernt als von den Professoren. Was ich am Studium gelernt habe: Wenn man etwas will, muss man hartnäckig sein. Man muss selbständig arbeiten und sich selbst motivieren. Also auch Frust und Blockaden aushalten und sich selbst da rausholen können.

welche lehr-ansätze von id4 funktionieren für dich noch? oder vielleicht gerade heute?
Das ist mir zu weit weg…

wenn du gerade nicht arbeitest, wo bist du am liebsten?
Im Garten.

auf was koenntest du leicht verzichten?
Auf Fernsehen und Computer (ein ewiger Streitpunkt in diesem Haus).

was hat dir im studium gefehlt? allgemein und bei id4?
Dem Studium sollte man unbedingt eine praktische Lehre voraussetzen. Ich ?finde es wichtig, dass man eine Technik beherrscht in der man sich ausdrücken kann. Die Zeiten in den Werkstätten waren doch viel zu kurz.?Es hat mir auch nicht gut getan, dass es im Hauptstudium nur vier ?Professoren gab, zwischen denen man wählte. Roericht etwa war zu abstrakt, ?Kupetz zu konkret. Da hätte man von jedem etwas gebrauchen können.