interview

interviewer:
Annegert Bock
2008-03-27





Horst Fleischmann
zur Person
Horst Fleischmann lehrte bis 2007 Design an der Fachhochschule für Innenarchitektur in Rosenheim, ist inzwischen pensioniert. Am 25. Februar 2006 wurde Horst Fleischmann schon einmal interviewt über seine Lehre an der HdK in Berlin. In dem am Telefon geführten Gespräch vom 27.März 2008 wurde deshalb auf die Berliner Tätigkeit nicht näher eingegangen.

Wie kamen Sie mit Nick Roericht in Kontakt?
Ich war einer der letzten Studenten der Hochschule für Gestaltung in Ulm, habe 1969 mein Diplom gemacht, ein halbes Jahr später bin ich auf Nick gestoßen, der Leute gesucht hat für die Vorbereitungsarbeit für die Olympiade im Jahr 1972. Zusammen mit ein paar Kollegen waren wir dann unter anderem für 3 D Objekte zuständig. Das war ganz spannend.

Wann waren Sie im Büro in Ulm tätig?
Nachdem die Olympischen Spiele gelaufen waren, hatte ich nur eine kurze Zwischentätigkeit und wurde dann freier Mitarbeiter in Ulm. Das war noch als das Büro in der Neuen Straße war, später sind wir dann auf das Hochsträss umgezogen.

Welche Projekte liefen damals und woran waren Sie beteiligt?
Ich habe mich hauptsächlich mit Bürostühlen für die Firma Wilkhahn beschäftigt, später ging es dann auch um elektronische Geräte um Drucker für Computer und ähnliches. Inspiriert vor allem durch die Kurse und Lehraufträge an der HdK in Berlin , habe ich mich dann 1980 in Rosenheim beworben. Das hat mir viel Spaß gemacht diese Hochschultätigkeit . Nach meiner Berufung nach Rosenheim war ich zwar noch gelegentlich bei Seminaren in Berlin tätig, aber die Zusammenarbeit mit dem Büro hat damit geendet.

Was hat Sie in dieser Zeit besonders angeregt ?
Das ist schwierig zu beantworten. Möglicherweise war es das ganze Büro überhaupt, also die Organisationsform. Nick war stark, wo ich eher schwächer war, also in der Zukunftsplanung , wenn es um Abläufe ging. Das war spannend für mich. Außerdem habe ich mich sehr für Stühle interessiert. Ich konnte mich mit meiner Arbeit voll identifizieren.

Was war damals gerade „in“? Was fanden Sie neu ?
Was neu war, das steckte schon in der Aufgabe, die einfach verlangt, dass man sich ein Thema zur Brust nimmt, sich intensiv damit beschäftigt. Ein frei schaffender Designer ist ja dauernd mit Aufgaben konfrontiert, die für ihn neu sind, die Lernprozesse auslösen. So mussten wir zum Beispiel für die Firma Siemens Systemleuchten entwerfen und keiner wusste zunächst was Leuchtmittel überhaupt sind. Jede Aufgabe verlangt ganz neues Wissen. Und das war sicher typisch für Nick, dass er in die Zukunft denken konnte. Er hat sich anders mit den Dingen beschäftigt als damals üblich war. Und deshalb war er zukunftsgerichtet. Auch im Umgang mit der neuen Technik. Seine Denkweise war anders und das war auch für mich neu.

Was erschien Ihnen „nervig und repressiv“?
Man ist sich sicher auch mal zwischendurch auf die Nerven gefallen. Es kann gar keine Dauerharmonie geben. Gut, ich bin ein geborener Bayer und vielleicht deshalb von Natur aus ein bisschen schwerfällig, nicht ganz so avantgardistisch. Und dieses bayrische Naturell hat manchmal kollidiert mit Nick, der eine ganz andere Mentalität hatte und hat. Je nach Stimmungslage hat es dann manchmal Schwierigkeiten gegeben. Manchmal ist es auch nur einfach ein Problem gewesen, ihn richtig zu verstehen, nachzuempfinden, was er eigentlich genau wollte.

Gab es Besucher an die Sie sich erinnern?
Das war zum Beispiel die große Persönlichkeit Fritz Hahne von der Firma Wilkhahn, seine Sozialanbindung, wie er die Firma geführt hat, das hat mich beeindruckt. Aber auch die Leute aus dem Umfeld von Gui Bonsiepe, überhaupt all die Leute, die die ehemalige HfG repräsentiert haben, das war ja schon eine Kultstätte, die haben mir imponiert.

Was haben Sie selber ganz anders gemacht und was haben Sie weitergepflegt und mitgenommen?
Nun, ganz anders war die Art der Arbeit in Rosenheim, die Hochschultätigkeit ist sowieso was anderes. Im wesentlichen habe ich den Aufbau aber schon so gemacht wie er tatsächlich auch in der Praxis stattfindet. Was ich in Ulm gelernt habe, habe ich später versucht in die eigene Lehre einzubeziehen, die Grundlagen, die natürlich in der Büroarbeit verschlüsselt sind, wurden dann doch Bestandteil der Lehre. Ich habe versucht, das zu übertragen. Man darf nicht vergessen, durch meine Erfahrungen mit Nick kam ich sozusagen auf den Geschmack Hochschullehrer zu werden.

Haben Sie noch Kontakte zu Menschen die gleichzeitig mit Ihnen im Büro gearbeitet haben?
Nun die meisten sind ja in alle Winde zerstreut. Ich habe guten Kontakt zu dem Karikaturisten Eric Liebermann , der auch in Oberbayern wohnt, HfG-Student war und bei den Vorbereitungen zur Olympiade 72 dabei war und auch kurz im Büro Roericht gearbeitet hat. Wir kennen uns allerdings schon seit der Kinderzeit.