neuer stapel


Nachlass zu Lebzeiten.


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kommentar:Was soll man von von diesem Autor, Robert Musil halten? Vom Namen her vielleicht ein Begriff, als wahrscheinlich angehender Germanistikstudent im Wissen, den "Mann ohne Eigenschaften", sein "opus magnum" - was auch sonst, man kennt ja auch sonst nichts von ihm - irgendwann lesen zu müssen, nun ein solch schmales Sammelbändchen mit Kurzprosa, geschichte, erzählungen, beschreibungen, und dann erst der Titel: ist der Mann sich seines nahenden Todes bei Veröffentlichung bewusst? Nichts dergleichen. 1936 erschienen diese Skizzen, Einträge und beobachtungen als nebenprodukt zum "MoE", was auch sonst, wahrscheinlich erschienen seine restlichen werke quasi nebenher zu seinem mammutwerk. darüberhinaus erfahre ich im Vorwort: der Autor möchte dem üblichen Geplänkel der posthum veröffentlichen Werke zuvorkommen, möchte, wie er, ob man¥s versteht oder nicht, gibt er zu, die Herausgabe dieses Buches verhindern, ehe es soweit kommt, daß er das nicht mehr tun kann. Also einfach veröffentlichen, dieser Nachlaß, so erfährt man weiter, hat schließlich seine Zeitbeständigkeit und -tauglichkeit bewiesen.
Wie oben vielleicht schon angedeutet, reicht das Spektrum der "Geschichten" sehr weit: definitionen, Klärung von unklaren Fragen (was ist Kunst?, Kitsch?, ein dichter? etc.) bis hin zu Alltagsbeobachtungen, dann kurios anmutende Betrachtungen ("Kann ein Pferd lachen?"; "Schafe, anders gesehen"), die bisweilen mich an Tucholsky oder Kästner erinnern. Ist ja aber auch die ähnlich gleiche zeit, nur gehört Musil in dem Fall zu den verkannten Größen der deutschsprachigen Literatur des 20.Jahrhunderts, damals wie heute. Das war auch der Grund warum ich zu diesem Autor griff, von dem es ja immer wieder heißt, er sei furchtbar kompliziert: Einlesen, mit kürzeren Geschichten, den ihm eigenen Stil erkennen, so hieß die Devise. Zumindest ist nach der Lektüre klar, dass Musil ein unglaubliches Sprachvermögen besitzt, sehr exakte Prosa verfasst, seine Gedanken durch die Welt schweifen lässt, ein Autor, der sich mit einer "Hasenkatastrophe" genauso wie mit einer "Kulturfrage" auseinandersetzt, die Zeichen seiner Zeit der Inflation analysiert, dabei vor lauter Dichtern und Denkern und wie es im zweiten Teil heißt, "unfreundlichen Betrachtungen", zynischen Anklagen gegenüber seiner Umwelt (siehe: Türen, Denkmäler, schwarzer Magie...) auch den "Fischer an der Ostsee" nicht vergisst. Letztere Betrachtung zähle ich fast zu meinen Lieblingsgeschichten dieses Bandes: relativ kurz beschreibt darin Musil die Tätigkeit netzbewaffneter Fischer (z.B. Wurm auf Angel), und zwar dies mit einer Einfühlungsgabe und präzisen Beschreibung deren Tätigkeiten, die soviel über die Ostseefischer (ab und zu trifft man wirklich noch ebenda solche beschriebenen rauhen, aber in meinen Augen gütigen Seebären, und beim Lesen wünscht man sich, sie zu treffen) aussagt. Der Gutor vermag es, nicht nur in dieser Geschichte, eine Atmosphäre hervorzurufen, ohne Anstrengung Bilder hervorrufen zu lassen, die auch im Nachhinein im Kopf fest verankert sind. Ähnlich bei anderem Material, wie bei "Hellhörigkeit" oder "Der Erweckte": es sind Alltagsbeschreibungen, doch vom Leser meist in dieser vollständigen, präzisen Form/Betrachtung noch nicht gelesen, demzufolge gesehen oder bei sich wahrgenommen. Ein Buch, das man aufgrund der Fülle an Einzelstücken nicht vollständig oder in bestimmter Reihenfolge lesen muss. Dafür sind diese zu eigenständig, und gerade deshalb häufigen Anlasses für ein Lächeln im Gesicht.
Neulich bekam ich erst den "MoE" aus einer aufgelösten Ssammlung geschenkt, in drei Bänden: ich bin nun immerhin geneigter, anzufangen!