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The Remarkable Rocket - Die vornehme Rakete (zweisprachige Ausgabe)


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kommentar:Diese im weitesten Sinne als Märchen, vielleicht eher als Fabel zu bezeichnende Geschichte ist nicht die beste in dieser Auwahl aus fünf Stücken, die viele Menschen, die Oscar Wilde (wobei fast immer: Das BIldnis des Dorian Gray) schon gelesen haben, also ich nicht, ihm so gar nicht zugetraut hätten oder es nicht von ihm erwartet hätten. Denn so sind viele der gedruckten Märchen in ihrer Struktur und Erzählweise so banal und scheinbar einfältig, es scheint, ein Kind habe diese erzählt, der Autor diese nur noch aufgeschrieben. Doch der Reihe nach: Reclam sei Dank ist es uns weltgewandten Lesern vergönnt, parallel zur deutschenm Übersetzung den Originaltext auf der Doppelseite des kleinen, schmalen und blasstgelben Bändchens mitzuverfolgen oder aber, vor der eingedeutschten Übersetzung (die im Übrigen durchaus gelungen ist) oder auch danach, das Englisch des Dandys Oscar Wilde, das feine, graziöse, und ja, das vornehme Englisch des 18.Jahrhunderts zu genießen. Womit wir wieder bei der Rakete, der vermientlichen Titelheld/in sind, die, wie sie in ihrer Geschichte nicht aufhört, gegenüber den anderen Raketen und Feuerwerkskörpern am Hofe des Königs, zu betonen, wie unerhört vornehm, anständig, moralisch und wohlerzogen sie sei. Wohingegen natürlich seine gesamte Umwelt aus nichts als Egomanen, Dummköpfen und blassierten Affen bestünde. Typischer Fall von übersteigertem Selbstwertgefühl, Realitätsverlust und Aufgeblasengheit. Bester Stoff eigentlich auch für ein Theaterstück oder eine Oper. In diesem Fall der kleinen Geschichte um die Rakete ist jedoch alles wesentlich konzentrierter und zugespitzt auf das wesentliche Kernproblem, das seine Lösung zum Ende schon in sich trägt: Dieser Ignoranz der Hauptfigur ist trotz mehrfacher Bemühungen von Mitgeschöpfen, die es gerade in die unangenehme Gesellschaft der Rakete verschlagen hat, nicht beizukommen. Scheitern auch, weil es der Rakete erklärtes Ziel ist, als Hauptattraktion der Hochzeit des ortsansässigen Prinzen abgefeuert zu werden, um das sie sich eine Fassade aus Selbststilisisierung erbaut, die von keinem auch nur im entferntesten berührt wird. Sie werden bei dieser Beschreibung wahrscheinlich eher denken: alles schön und gut, das sind doch aber eher Kennzeichen einer bestimmten menschlichen Person, die fabeltypisch in ein Tier oder eben hier in eine Rakete in einer sprechenden Tierwelt umgesetzt wurden. Und da haben Sie recht. Wildes Geschichten sind deshalb auch nur im weitesten Sinn Märchen , als das sie den Rahmen vorgeben, den kindlich-naiven Charakter der Protagonisten; die teilweise zu Tränen, Freudentränen natürlich, sich gestaltenden Schlussworte: dies alles, um den belehrenden Anspruch, den diese Erzählungen im Kern ausmacht, einen sanften, warmen Schleier umzulegen, der sich jedoch leicht beiseite wenden lässt, nur um darin das Spiegelbild der eigenen Realität zu erkennen. Ich weiß, das klingt jetzt klischeehaft, doch Oscar Wilde war eben in seiner Zeit einer der Großen der LIteratur, der es mehr und heftiger als andere verstand, über seine Erzählungen hinaus seine Werke zu ironisierenden, anklagenden und belehrenden Waffen zu benutzen. Schönstes, im wahren Sinne des Wortes, Märchen der Sammlung: Der Prinz und der Vogel. Aber wirklich alle sind auf ihre Art lesenswert. Machen Sie es aber zuerst einmal anders als ich und fangen Sie es auf Englisch, in einem Zug, zu lesen an.